Ein Fest des Lebens – zu Gast bei Avishay!
Denn der geniale Koch, der Meister der Aromen, Gewürze und Zutaten, der uns mit Delikatessen verwöhnte, war einer der Überlebenden des Kibbuz Kfar Azza. Einer, der an dem Schwarzen Schabbat (7.10.23), nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel, gerettet werden konnte.
Und der nicht aufgegeben hat!
Avishay wohnt inzwischen mit seiner Familie in Herzliya. Der begabte Koch, der schon bei Events von drei israelischen Präsidenten bewirtet hat (Perez, Rivlin und Herzog) ist sehr gefragt. Nicht nur in Israel.
Jetzt im Sommer besucht er Freunde in Deutschland und arbeitet an seinem Traum, ein eigenes Restaurant aufzumachen. „Zwei-drei-zwei“ ("2-3-2") soll es einmal heißen, wie die Straße in Israel, die von Aschkelon, entlang des Gaza Streifens, bis zu Kerem Shalom und dem Grenzübergang nach Ägypten führt. Über diese Route fuhr er immer nach Hause. Am 7. Oktober wurde die sonnenbeschienene Straße zu einer Allee des Todes, auf der Hunderte von Menschen ermordet in teilweise ausgebrannten Autos lagen.
Doch Avishay will den Begriff "2-3-2" mit neuen, anderen Konnotationen wieder zum Leben erwecken.
Wir kennen Avishay seit April 2024, als wir ihn in seinem zerstörten Kibbuz an der Grenze zu Gaza besuchten und er uns die verbrannten Häuser und Ruinen von Kfar Azza zeigte. Auch sein eigenes beschädigtes Haus.
Anbei die Geschichte unserer ersten Begegnung: „Verwundetes Israel – Tod und Zerstörung an der Grenze zu Gaza“. Alle Episoden unserer Reise im April 2024 finden Sie hier.
Neun Monate sind seither vergangen. Die Bewohner des Dorfes konnten nicht zurückkehren und der Kibbuz kann nicht wieder aufgebaut werden, weil der Krieg mit der Hamas andauert und noch immer regelmäßig Raketen hier nieder gehen.
Und mit Hilfe engagierter Israelfreunde entsteht ein Abend, unter dem Motto „Israel mit allen Sinnen erleben“.
Hannelore und Kerstin aus Reutlingen haben keine Mühe gescheut, um ein wunderschönes Ambiente für die kulinarischen Künste dieses Gourmetkochs zu schaffen – und die Gäste genießen all die liebevollen Details und natürlich die wunderbar leckeren verschiedenen Speisen, die so ganz anders als die deutsche Küche munden. So wird Avishay zum Repräsentanten seines Landes und jedes Gericht transportiert die Botschaft von Frische, Vielfalt und Einzigartigkeit.
Israel erleben – in Deutschland
Der 7. Oktober
Seit diesem Tag arbeitet Avishay daran, sein Leben neu aufzubauen: Stück für Stück. Diese konstruktive Arbeit hilft ihm, die furchtbaren Erinnerungen in den Hintergrund zu drängen.
Er hatte viel Zeit nachzudenken. Und heute meint er: man hätte es kommen sehen können. Aber die Menschen in Israel waren zu selbstsicher und zu gutgläubig. Das ist jetzt vorbei. Sie werden kämpfen, bis sie alle Geiseln nach Hause bringen, sagt er und zeigt auf das T-Shirt, das er trägt, dass so viele in Israel tragen: „Bring them home.“ Und sie werden weiterkämpfen, bis die Hamas besiegt ist. Weil die Hamas für das Böse schlechthin steht.
Denkt selbstständig!
Finale con brio!
Wir freuen uns darauf, dich bald wieder in Deutschland zu begrüßen, Avishay!
Schalom chaver schelanu - Le hitraot!
Auf Wiedersehen, unser Freund! Bis bald!
Die Erfahrungen eines Überlebenden aus Kfar Azza, der - nach dem Massaker der Hamas und während des seit damals andauernden Krieges - daran arbeitet, sein Leben wieder neu aufzubauen.
Eine Geschichte von Mut, Resilienz und Hoffnung.
Doch er hat noch eine andere Botschaft: er spricht über seine Erfahrungen im Kibbuz vor und während des Massakers der Hamas. Delly (von CSI), die sich intensiv für Israel einsetzt, insbesondere auch für Terroropfer, die Avishay seit über 12 Jahren kennt und ihn nach Deutschland eingeladen hat, liefert eine virtuose Übersetzung, so dass nicht ein Hauch seiner Botschaft verloren geht.
Er beginnt mit der Geschichte seiner Ahnen. Seine Familie mütterlicherseits lebt seit 12 Generationen in Israel, schon lange vor der Staatsgründung 1948; die seines Vaters seit 3 Generationen. Sie alle haben Israel mit aufgebaut. Er selbst hat seit seiner Geburt immer in Kfar Azza gelebt, hat geheiratet und zusammen mit seiner Frau Shani und seinen beiden kleinen Söhnen in einem schönen Haus am Ortsrand gewohnt.
Er berichtet von den Jahren vor 2005, bevor sich Israel komplett aus dem Gazastreifen zurückzog, weil es hoffte, damit Frieden in der Region herstellen zu können. Er erzählt von den israelischen Orten im Gazastreifen, die unter dem Namen Gush Katif bekannt waren und wie er und seine Familie an die schönen Strände von Gaza zum Baden und Essen fuhren.
Avishay schildert das Miteinander mit den Arabern, wie die Bewohner des Kibbuz den Palästinensern geholfen haben, ohne zu wissen, dass sie damit manchmal indirekt die Hamas unterstützen. Und von dem Jahr 2005, als Israel seine eigenen Landsleute mit Gewalt aus dem Gazastreifen evakuierte. Dies geschah ohne jede Gegenleistung der Palästinenser; als Opfer Israels für Frieden in der Region.
Doch es kam ganz anders als erhofft! Die Hamas wurde zur herrschenden Macht und das Miteinander veränderte sich. Die Angriffe aus dem Gaza Streifen nahmen zu. Immer wieder und immer mehr Raketen. Das Haus seiner Eltern, das Haus seiner Schwester wurden getroffen - schon vor 2024.
Er versuchte mit seinen Eltern, die im gleichen Ort wohnten, Kontakt aufzunehmen, doch sie schrieben ihm, dass sie nicht sprechen konnten, weil sonst die Terroristen, die im Haus waren, sie hören würden. Er versucht seine Schwester in Beeri anzurufen, konnte sie aber nicht erreichen. Endlose, grauenvolle Stunden vergingen – immer mehr Nachrichten und manchmal dann ein plötzliches, schreckliches Schweigen. Er wollte seinen Freunden beistehen, aber seine Frau flehte ihn an, bei ihr und den Kindern zu bleiben. Es war beiden klar, dass sie, wenn die Terroristen in ihr Haus kämen, keine Chance hatten. Sie beschlossen, dass er in diesem Fall mit dem Messer kämpfen würde, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich und den Kindern das Leben zu nehmen. Denn nach all dem, was sie von den anderen mitbekamen, zogen sie es vor zu sterben, statt verschleppt zu werden. Sein kleiner Sohn war zu diesem Zeitpunkt erst 3 Monate alt.
In der Nacht wurden sie schließlich von der IDF gerettet: von Soldaten, die nach endlosen 23 Stunden Hölle eintrafen und die erwarteten, nur noch Leichen vorzufinden. Doch stattdessen evakuierten sie eine Frau mit einem drei Monate alten Baby im Arm und einem achtjährigen Jungen an der Hand, der seinen Teddy festhielt. Es war dunkel – daher sah man nicht alles genau auf dem Weg zu dem Fahrzeug, dass sie wegbrachte. Negev, der große Sohn Avishays, war verwundert, dass sich so viele Menschen auf den Weg „zum Schlafen hingelegt hatten“… Avishay ist bis heute froh, dass sein Sohn nicht verstand, dass es sich um Leichen handelte. Sie waren die erste Familie, die aus Kfar Azza gerettet wurde. Der Kampf um die Befreiung des Kibbuz von den Terroristen dauerte insgesamt 78 Stunden.
Und dann wendet er sich an uns, die Gäste im friedlichen Reutlingen und meint: „ihr Deutschen seid ein wunderbares Volk. Hier funktioniert alles, weil sich jeder daran hält, was ihm gesagt wird.“ Aber er warnt auch: „lernt selbstständig denken, beurteilt die Dinge selbst, lasst euch nicht einfach vom Mainstream mitreißen. Fangt an, kritisch zu reflektieren und fragt euch, warum Juden heute in Deutschland wieder Angst haben, sich auf der Straße zu ihrem Judentum zu bekennen. Die Geschichte wiederholt sich – dabei habt ihr geschworen: nie wieder!
Ihr habt Millionen von Muslimen aufgenommen. Ich sage nicht, dass das nicht gut ist, aber achtet darauf, dass sie euch nicht vereinnahmen. Macht ihnen klar, dass sie willkommen sind, aber dass von ihnen erwartet wird, sich anzupassen. Verteidigt eure Werte und eure Identität. Denn in nicht allzu langer Zeit werden sie noch viel mehr sein und wenn ihr nicht darauf achtet, werden sie ihre Werte und ihre Kultur durchsetzen in eurem Land. Mitten in einer Demokratie und aufgrund von demokratischen Mehrheiten werden sie eine sehr laute Stimme haben.“
Es sind Worte, die nachhallen und nachdenklich machen ...
Und dann kommt er zum Schluss – es wird ein Finale con brio, genauso wie sein Dessert, dass er vor seinem staunenden Publikum zubereitet. Eine Kombination von Originalität und Genialität, dargebracht mit einem Schmunzeln im Mundwinkel und leuchtenden Augen. Schnell, schlicht und betörend lecker.
Dann der Morgen des 7. Oktober. Stundenlanges Schrillen der Sirenen, wie nie zuvor. Als es endlich ruhiger wurde und er sich aus dem Schutzraum hinaus traute, hörte er schon die Schüsse der Terroristen und ihm war klar, dass etwas Schreckliches geschah. Da er keine Waffen besaß, nahm er das größte Messer aus der Küche und verbarrikadierte sich mit seiner Familie so gut wie möglich im Schutzraum.
Und dann begannen die Nachrichten über WhatsApp zu kommen, eine nach der anderen. Verzweifelte Nachrichten, Schreie um Hilfe, ununterbrochen - stundenlang. Familien, in deren Häuser die Terroristen eingedrungen waren oder deren Häuser abgebrannt wurden. Menschen, die mit ansehen mussten, wie ihre Liebsten vor ihren Augen umgebracht wurden und wie andere verschleppt wurden. Menschen, die hilflos und wehrlos waren angesichts dieser Orgie der Gewalt und Brutalität.
Dies ist seine Schlussbotschaft: „Dass ich heute hier vor euch stehe, dass ich meine Geschichte erzählen kann, ist mein Sieg!“
Am 7. Oktober wurde Simchat Tora gefeiert, es ist der letzte jüdische Feiertag des Sukkot (Laubhütten) Festes und es war sein jüdischer Geburtstag. Dass er das Massaker an diesem Tag überlebt hat, ist für ihn wie eine Wiedergeburt. Ein Neuanfang.
Ob und wann er wieder nach Kfar Aza zurückkehren kann, ist aktuell völlig ungewiss. Im besten Fall in mehreren Jahren.
Doch diese Zeit will er nutzen und seine Träume leben. Wie an diesem Abend! Das Leben feiern. Israel feiern! Sein Überleben!
Was für eine wunderbare Botschaft der Resilienz und der Hoffnung.
Buffet beim Israel-Abend im Juli 2024 in Reutlingen. Foto privat
Erstveröffentlichung: 1. Aug. 2024
Deutsch: Israel Heute
Englisch: Israel Today
Copyright © Brigitte B. Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung
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Avishay in der Küche. Foto privat.
Avishay mit uns vor seinem beschädigten Haus
In Kfar Azza. April 2024. Foto privat
Gäste beim Israel-Abend im Juli 2024 in Reutlingen. Foto privat
Avishay bei seiner Ansprache. Foto privat
Das Kunstwerk Dessert. Foto privat.
Beim Fest des Lebens. Foto privat
Es war ein Fest des Lebens, das am 27. Juli 2024, in Reutlingen gefeiert wurde. Genauer gesagt, ein Fest des Überlebens.
Leben in Kfar Azza
Sie haben die ganzen Jahre an Frieden geglaubt. Und sie hassen nicht alle Muslime. Aber das Böse muss in die Schranken gewiesen werden, sonst breitet es sich weiter aus. Das ist Israels aktuelle Mission.
Wie wir das Wunder Israel erlebt haben
von Brigitte B. Nussbächer
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.
Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen. Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?
Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.
Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.
Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.
Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246! Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist. Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust) im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.
Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.
Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.
Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)
Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.
Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.
Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.
Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.
Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.
Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.
Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).
Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.
Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.
Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.
Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.
Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.
So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.
Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).
Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.
Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.
Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.
Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.
Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.
Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.
Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5
Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.
Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in unserem Leben geworden.
„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!