Gottes ausgestreckte Hand und der große Irrtum
Ein etwas anderer Weihnachtsartikel
von Brigitte B. Nussbächer
Eine wunderbare Chance!
Doch es kam anders. Aus den verfolgten Christen wurden Verfolger und sie wandten sich ausgerechnet gegen ihren eigenen Ursprung: das Volk ihres Erlösers, das Volk des ursprünglichen Bundes, den Augapfel Gottes!
Bereits im Jahre 325, bei dem ersten Vatikanischen Konzil in Nicäa begann man sich mit voller Absicht vom Judentum zu distanzieren. Biblische Prinzipien wurden abgewandelt und verändert. Das Christentum wurde – wenn man es mit der Apostelgeschichte vergleicht – bis zur Unkenntlichkeit entstellt, es wurde zu einem System, dass seine Wurzeln verleugnete und das Judentum verachtete. (Siehe „Holocaust“ von S. Kokkonen)
Während das Alte Testament einerseits Teil der Bibel blieb, wurde es andererseits als überholt und nicht mehr gültig angesehen.
Dabei steht in den Evangelien, dass Jesus selbst gesagt hatte: Meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen… Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen… (Matthäus 5, 17-19)
Die Hoffnungsbotschaft des Neuen Testaments ist, dass Gott, mit der Geburt von Jesus, der ganzen Menschheit seine Hand, entgegenstreckte. Fast niemand ahnte damals, dass dieser Tag der Beginn einer neuen Ära war. Tatsächlich wurde später eine neue Zeitrechnung eingeführt.
Zusätzlich zu dem ewigen Bund, den Gott mit seinem auserwählten Volk Israel geschlossen hatte, sagte diese revolutionäre Botschaft, dass es nun eine Chance für alle gab: durch Jesus hatten Menschen aller Völker die Möglichkeit, Gott nahe zu kommen. (Lukas 24,46-47 und Apg. 10, 15+35)
Vergebung der Sünden, Zugang zum Schöpfer, ewiges Leben lauteten die Verheißungen. Nie schien die Erlösung dieser verlorenen Welt so greifbar nahe. Diesen Augenblick der Hoffnung feiern Christen seit rund 2000 Jahren zu Weihnachten – es sind heute offiziell 2,5 Milliarden.
Während der ersten Zeit hatte diese neue Glaubensrichtung mit den zentralen Aussagen von einem Gott, von Buße, Vergebung und Nächstenliebe einen schweren Stand, denn sie passte nicht in das polytheistische geschichtliche Umfeld. Außerdem widersprachen Prinzipien, wie Gleichheit aller Menschen vor Gott, sowohl dem damaligen Klassenbewusstsein, als auch dem Verständnis der Rolle der Frauen.
Als Kaiser Konstantin der Große, das Christentum schließlich als „rechtmäßige“ Religion einführte, endeten rund 300 Jahre der Christenverfolgung. Eine Sternstunde der Menschheit?
Der große Irrtum…
Eine Konsequenz daraus war, dass einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Jesus, die Apostel, die Propheten – alle wurden aus dem jüdischen Kontext gerissen. So sind sich viele Christen bis heute ihres geistlichen jüdischen Erbes nicht bewusst.
Und so kommt es, dass Millionen Christen Weihnachten feiern, aber keinen Gedanken daran haben, dass Jesus ein Sohn des jüdischen Volkes war. Dass sie voller Mitgefühl an die Situation von Maria denken, die keine Herberge für die Geburt ihres Sohnes fand – dies aber keineswegs mit der Situation von Israel verbinden, dass bis heute keine unangefochtene Heimat gefunden hat und auch nach der Staatsgründung immer noch um seinen Platz und seine Existenzberechtigung kämpft. Über 30.000 Israelis haben in diesem Kampf der letzten 76 Jahre ihr Leben verloren.
Während sie „Oh du fröhliche, oh du selige Weihnachtszeit“ singen, vergessen sie, dass seit dem 07.10.2023, ausgelöst durch das Massaker der Hamas, in Israel Krieg herrscht. Sie denken nicht daran, wie viele Familien aus dem Süden und dem Norden Israels wegen der ständigen Angriffe evakuiert werden mussten und dass diese Frauen ihre Kinder ebenfalls fern von einem Zuhause zur Welt bringen müssen.
Für viele ist die Weihnachtsgeschichte mit dem Besuch der Weisen aus dem Morgenland zu Ende. Schon kurz nach seiner Geburt wird Jesus als zukünftiger König der Juden anerkannt und mit kostbaren Geschenken bedacht. Ein Happy End. Aber noch im gleichen Kapitel steht, dass viele unschuldige, jüdische Kinder in Bethlehem und Umgebung von Soldaten im Auftrag von Herodes ermordet wurden. Der amtierende König versuchte damit zu verhindern, dass Jesus ihm jemals seinen Thron streitig machen würde. Verzweifelte Mütter weinten damals um ihren Verlust (Matth.2,18). Was für einen Preis hat das jüdische Volk für den Erretter der Menschheit zahlen müssen! Doch wie viele erkennen das nicht? Und wie viele verschließen auch heute Augen und Ohren, um das Weinen der Mütter nicht wahrzunehmen, die um ihre Kinder trauern, die am 7.10.23 brutal abgeschlachtet wurden, nur weil sie Juden waren.
Viele Christen blenden ebenfalls aus, dass Jesus – wenn er auf der Erde weilen würde – in Israel leben würde und von diesem Krieg betroffen wäre. Und dass der - sowohl von den Juden als auch von den Christen - ersehnte Messias ebenfalls in Jerusalem erwartet wird.
Wie viele leben in dieser Parallelwelt, die die Kirche geschaffen hat – getrennt von ihren Wurzeln, getrennt von der Realität und ohne die biblische Zukunftsvision von Israel?
Manche Geschehnisse des Alten Testaments wurden zu Mythen abgestempelt, die Rolle und die Verheißungen für Gottes Volk ignoriert. Die „Ersatztheologie“ besagt, dass die Juden ihre Rolle in Gottes Plänen verspielt hätten und die Christen nun das neue Israel seien. Die Zusagen für Israel wurden entsprechend ausgeblendet bzw. nahm die Kirche sie stattdessen für sich selbst in Anspruch.
Außerdem wurde den Juden von den Kirchenvätern vorgeworfen, für den Tod Jesu verantwortlich zu sein, man betrachtete sie als „Gottesmörder“; unwürdig der Gnade Gottes und der Menschen, bestraft und verdammt.
Dabei sagt Paulus, einer der Hauptautoren des Neuen Testaments, eindeutig: Gott hat das Volk, das er von Anfang an erwählt hatte, nicht verstoßen (Römer 11, 1) und Gott nimmt seine Gnadengeschenke nicht zurück, und eine einmal ausgesprochene Berufung widerruft er nicht (Römer 11, 29) und - dass am Ende ganz Israel gerettet wird (Römer 11, 26). Er erklärt sogar, dass diese Zwischenzeit als Chance für alle anderen Nationen gedacht ist (Römer 11, 25).
Doch die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, und lehrten, dass Gott ihn aufgehoben hätte.
Durch diese Abwendung von Israel wurde die Kirche, die sich zum Glauben an den jüdischen Gott bekannte, paradoxer- und tragischerweise zum Hauptakteur in der Leidensgeschichte des jüdischen Volkes.
Der Einfluss dieser Lehren, die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Verfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. (Mehr zu aktuellen Erscheinungsformen von Antisemitismus in Nie wieder – Ein Versprechen mit Substanz und 400 Tage danach!). Hier liegt der ideologische Ursprung von Inquisition, Pogromen, Kreuzzügen und Holocaust.
Und während die Kirche sich vom Volk Gottes distanzierte, versank sie selber immer mehr in Verbrechen. Statt zu bekennen, dass Jesus den Sühnepreis für die Schuld der Menschheit gezahlt hat, wurde Ablasshandel im Namen der Kirche betrieben, der Reichtümer in die Kirchenkasse spülte für einen angeblichen Erlass der Sünden .
Der Name Gottes wurde für Kriege missbraucht. Religionskriege, wie z.B. im 16. und 17. Jahrhundert die Hugenottenkriege Frankreichs, die Konfessionskriege im Heiligen Römischen Reich und vor allem der Dreißigjährige Krieg (1618–1648), die für den sogenannten „rechten Glauben“ geführt wurden, hinterließen eine lange Blut- und Schuldspur.
1962 fand schließlich das Zweite Vatikanische Konzil statt, bei dem die den Juden unterstellte Schuld an der Kreuzigung Christi "aufgehoben" wurde und im Jahr 2011 erklärte Papst Benedikt XVI.: „Ein Christ kann nicht antisemitisch sein, wir haben dieselben Wurzeln.“ Sein Nachfolger Papst Franziskus I. sagte 2019: „Jeder Christ trägt einen Juden in sich, man kann kein wahrer Christ sein, ohne sich zu seinen jüdischen Wurzeln zu bekennen“ sowie „der Bund zwischen Gott und den Juden gilt weiterhin“. Doch haben diese Worte die 2,5 Milliarden Christen erreicht? Erkenntnisse und Bekenntnisse der letzten 60 Jahre kommen nach 1700 Jahren andersartiger Lehre …
Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit, fasste es einmal so zusammen: „Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes. Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel, keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden“.
Auch heute noch gibt es Christen, die überzeugt behaupten, die Juden wären das „gottloseste“ Volk, weil viele Jesus nicht als Sohn Gottes anerkennen. Dabei übersehen die, die diese fatale Behauptung aufstellen, dass deutlich mehr Juden als Menschen anderer Völker mit Gott, dem Schöpfer der Welt und dem himmlischen Vater tief verbunden sind. Und das Jesus von sich selbst nicht gesagt hat: „ich bin das Ziel“ sondern „ich bin der Weg“ - zum Vater. (Lukas 14,6); Und weiter, dass "der Vater und er eins sind "(Lukas 14,10) sowie dass "der Vater größer als er selbst ist"(Lukas 14,28).
Als wir nach Israel kamen und dieses Volk und seine Geschichte kennen lernten, wurde es für uns ganz eindeutig, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht erklärbar, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurückzuführen sind. In Israel ist Gott im Alltag erlebbar, wie nirgendwo sonst. (Mehr dazu im Artikel: Wie wir das Wunder Israel erlebt haben). Und wir waren tief davon beeindruckt, was für eine intensive, innige und lebendige Beziehung viele Juden zu Gott haben.
Derek Prince bezeichnete Israel einmal als Gottes Zeiger an der Weltuhr. Mit der Gründung Israels hat Gott wieder eine neue Zeit eingeläutet. Mir kam der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wird, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen nicht erkennen, was Gott in Israel tut.
Und heute erleben wir, wie sich – gemäß der Vorabankündigung der Bibel – die ganze Welt mehr und mehr gegen Israel stellt (Sacharja 12,3 und 14,2-3).
Und wo stehen wir?
Erkennen wir unseren Auftrag, für Israel und das Volk der Juden zu beten (Jesaja 62,7)?
Nehmen wir unsere Aufgabe an, das Volk Gottes zu lieben, ihm beizustehen, es zu trösten und ihm Mut zuzusprechen, wie es Jesaja 40,1-2 sagt?
Das Neue Testament lehrt, dass Gott, mit der Geburt von Jesus, der ganzen Menschheit seine Hand entgegenstreckte. Doch während die Welt einerseits diese Chance wahrnahm, wandte sie sich andererseits ausgerechnet gegen deren Ursprung: gegen das Volk ihres Erlösers, das Volk des ursprünglichen Bundes, den Augapfel Gottes: Israel!
Wird Weihnachten gefeiert ohne Gottes Volk im Blick zu haben?
Verbrechen im Namen Gottes
Die Berichtigung
Unser Auftrag – unsere Zukunft
Statt die Botschaft von Gottes Liebe und Errettung zu überbringen, wurden Menschen, die Gott nicht akzeptierten und Juden, die Jesus nicht erkannt hatten, verfolgt, vertrieben oder unter (Mord)Drohungen zwangschristianisiert. Statt die Juden als Auserwählte Gottes zu lieben und dankbar für alles zu sein, was sie der Welt geschenkt hatten, wurden sie missachtet und vernichtet.
So werden die Verfolgungen 1096 vor und während des Ersten Kreuzzugs als „Urkatastrophe des europäischen Judentums“ bezeichnet. Doch sie sind nur ein Kapitel von vielen.
Der wohl zynischste und schlimmste Missbrauch fand durch niemand Geringeren als Adolf Hitler statt, der schrieb: „So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“ (Mein Kampf). Er meinte, damit den Holocaust, die Ermordung von 6 Millionen Juden, rechtfertigen zu können. Und die meisten Kirchen schwiegen dazu oder machten sogar mit.
Werden Christen dieses Jahr Weihnachten feiern und dabei das Volk Gottes auch im Blick haben – sowohl sein aktuelles Leid als auch das Heil, die Heilung für alle Welt, die von Jerusalem kommt und wieder kommen wird?
(Johannes 4,22; Micha 4,1-2)
Erstveröffentlichung: 29. November 2024
Copyright © Brigitte B. Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung
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Gottes ausgestreckte Hand. Foto Shutterstock
Richtungswechsel nach fast 1700 Jahren. Foto Shutterstock
Tragen wir Israel im Herzen? Foto Shutterstock
[Anmerkung der Autorin: Wogegen Jesus sich - gemäß der Bibel - tatsächlich wandte, war der starre, menschenverachtende Hochmut mancher Pharisäer, dem es nur um die blinde, äußere Beachtung von Vorschriften ging, ohne dabei Gottes Liebe zu berücksichtigen und seine Prioritäten wahrzunehmen, nämlich, dass das Gesetz für und nicht gegen die Menschen geschaffen wurde (Matthäus 23, 27 und Markus 2,27)].
Wie wir das Wunder Israel erlebt haben
von Brigitte B. Nussbächer
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.
Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen. Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?
Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.
Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.
Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.
Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246! Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist. Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust) im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.
Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.
Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.
Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)
Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.
Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.
Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.
Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.
Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.
Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.
Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).
Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.
Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.
Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.
Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.
Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.
So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.
Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).
Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.
Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.
Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.
Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.
Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.
Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.
Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5
Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.
Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in unserem Leben geworden.
„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!